Forschungsprojekte

Aktuelle Projekte

Schon seit längerem ist die Deegenbergklinik in die Versorgungsforschung der Universitätsklinik Würzburg mit eingebunden, so im CHFC (= Comprehensive Heart Failure Center) und im IFB (= Integriertes Forschungs- und Behandlungszentrum) im Zusammenhang mit dem Heart-Net-Care.

Durch diese Vernetzung zwischen Universitätsklinikum Würzburg und der Deegenbergklinik wird der Wissenstransfer verbessert und neue therapeutische Ansätze können in der Rehabilitationsklinik bzw. der Rehabilitationsmedizin zügig umgesetzt werden. Ferner wird der Meinungsaustausch unter den beteiligten Ärzten und Mitarbeitern intensiviert, zum Nutzen der Patienten.

Aktuelle Forschungsprojekte

Vergleich der Prävalenzraten für eine posttraumatische Belastungsstörung nach DSM-5 und ICD-11 und ihr Zusammenhang bei Herzpatienten

In den beiden gültigen internationalen Klassifikationssystemen wird eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) unterschiedlich operationalisiert. Während im DSM-5 20 mögliche Symptome für eine PTBS aufgeführt sind, die den 4 Symptomclustern „Wiedererleben“ (5 Symptome), „Vermeidung“ (2 Symptome), „negative Veränderungen von Kognitionen und Stimmung“ (7 Symptome) sowie „Übererregung“ (6 Symptome) subsumiert werden, wurden für die ICD-11 6 Kernsymptome vorgeschlagen, die den Clustern „Wiedererleben“ („Albträume“, „Flashbacks“), „Vermeidung“ („Gedanken- und Gefühlsvermeidung“, „Aktivitäts- oder Situationsvermeidung“) und „Wahrnehmung erhöhter Bedrohung“ („Hypervigilanz“, „übertriebene Schreckreaktion“) zugeordnet werden. Unspezifische und mit anderen Störungsbildern überlappende Symptome werden nicht in die Diagnosestellung miteinbezogen. Bisher ist noch nichts darüber bekannt, wie sich die neuen ICD-11-Kriterien auf die PTBS-Prävalenzraten und die Komorbidität mit Depression und Angst bei Patienten nach Herzinfarkt oder Herzoperation auswirken.

An der Studie nahmen 468 konsekutiv aufgenommene Patienten (149 Frauen, 319 Männer) im Alter zwischen 22 und 93 Jahren (M = 68,0 Jahre, SD = 10,8) teil, die eine Anschlussrehabilitation nach einem akuten MI und/oder einer Herzoperation (Einschlusskriterien) durchführten.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass in der frühen Phase nach einem kardialen Ereignis die ICD-11-Kriterien, erhoben mittels Fragebogen, nicht mit einer verringerten, sondern sogar mit einer erhöhten PTBS-Rate assoziiert sind, insbesondere bei Hinzunahme intrusiver Erinnerungen in das Cluster „Wiederleben“, was auf den Wegfall des Clusters „negative Veränderungen von Kognitionen und Stimmung“ in den ICD-11-Kriterien zurückzuführen sein dürfte. Die Entfernung unspezifischer und mit anderen Störungsbildern überlappender Symptome aus den ICD-11-PTBS-Kriterien scheint bei Herzpatienten nicht zu einer bedeutsamen Reduktion der Komorbidität mit Depression und Angst zu führen.

Literatur:

Lueger, S., Lueger, T., Deeg, P. (2021). Vergleich der Prävalenzraten für eine posttraumatische Belastungsstörung nach DSM-5 und ICD-11 und ihr Zusammenhang mit Angst und Depression. In Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), 30. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium – Teilhabe und Arbeitswelt in besonderen Zeiten. DRV-Schriften, 123, S. 187-190. Berlin.

Netzwerkmodelle psychischer Störungen bei Herzpatienten

Ein Herzinfarkt oder eine Herzoperation kann mit erheblichen psychischen Beeinträchtigungen einhergehen. Neben depressiven Symptomen und Angstsymptomen können auch Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) auftreten. Mittels Netzwerkanalyse sollte der Zusammenhang der PTBS-Symptome nach ICD-11 (ITQ) mit Angst und Depression (PHQ-4) bei 345 konsekutiv aufgenommenen Herzpatienten erhoben werden, um mögliche Ansatzpunkte für psychotherapeutische Interventionen aufzeigen zu können.

Bei folgenden PTBS-Items bestehen diagnoseübergreifende Interaktionen mit Angst oder Depression, und zwar zwischen den Items „übertriebene Schreckreaktion“ und „unkontrollierbare Sorgen“, sowie zwischen den Items „intensive Bilder oder Erinnerungen“ und „depressive Stimmung“. Die für dieses Netzwerk zentralen Symptome sind die Items „intensive Bilder oder Erinnerungen“, „unkontrollierbare Sorgen“ sowie „depressive Stimmung“.

Auf Patienten, die intensive Bilder oder Erinnerungen an ihr kardiales Ereignis berichten und mit einem depressiven Verarbeitungsstil oder einer starken Sorgenneigung reagieren, sollte während der AHB besonders geachtet werden, um die mögliche Entwicklung einer PTBS zu verhindern.

Literatur:

Lueger, S., Lueger, T., Schuler, M., Deeg, P. (2020). Netzwerkmodelle psychischer Störungen am Beispiel posttraumatischer und depressiver Symptome bei Herzpatienten. In Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), 29. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium. Prävention und Rehabilitation – der Betrieb als Partner. DRV-Schriften, 120, S. 269-271. Berlin.

Lueger, S., Lueger, T., Deeg, P. (2020). Symptome posttraumatischer Belastungsstörung und ihr Zusammenhang mit depressiven Symptomen bei Herzpatienten – eine Netzwerkanalyse. Praxis Klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation, 110, 204-218.

Lueger, S., Lueger, T., Deeg, P. (2022). Mögliche Ansatzpunkte für psychotherapeutische Interventionen bei psychisch belasteten Herzpatienten aus einer netzwerkanalytischen Perspektive. In Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), 31. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium Rehabilitation: Neue Wege, neue Chancen. DRV-Schriften, 126, S. 392-395. Berlin.

Lueger, S., Lueger, T., Deeg, P. (2023). Posttraumatische Belastungsstörung nach ICD-11 bei Herzpatienten. Mögliche Ansatzpunkte für psychotherapeutische Interventionen aus einer netzwerkanalytischen Perspektive. Trauma & Gewalt, 17 (2), 166-177.

Zum Einfluss von repetitivem negativem Denken auf die psychische Belastung von Herzpatienten

Eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) tritt in der Regel nicht unmittelbar nach einem kardialen Ereignis auf, sondern entsteht erst in der Zeit danach. Es gibt Hinweise, dass neben demographischen Variablen v.a. eine akute Belastungsreaktion (ABR) oder depressive Symptome die Entwicklung einer PTBS begünstigen können. Einen weiteren möglichen Faktor, der bisher bei Herzpatienten nur wenig berücksichtigt wurde, stellt Rumination dar. Es wurde daher untersucht, inwieweit Rumination zu einer Verbesserung der Vorhersage der PTBS-Werte beitragen kann.

Bei 412 AHB-Patienten nach einem akuten Myokardinfarkt und/oder einer Herzoperation wurden Depressions-, ABR- und Ruminationssymptome zu Beginn der AHB sowie die PTBS-Symptome am Ende der AHB erhoben.

Während sich für Alter und Geschlecht kein Zusammenhang ergab, sagten die Depressions- und die ABR-Werte die PTBS-Werte am AHB-Ende signifikant vorher. Die Hinzunahme der Ruminationswerte in das Regressionsmodell führte zu einer signifikanten Verbesserung der Vorhersage der PTBS-Werte. Das Gesamtmodell klärt 43.5% der Varianz auf (F(3,408) = 104.9, p < .001). Von den Patienten mit geringen ABR-Werten wiesen diejenigen mit hohen Ruminationswerten eine signifikante Zunahme der PTBS-Werte im AHB-Verlauf auf im Vergleich zu denjenigen mit geringen Ruminationswerten (t(59.5) = -2.1, p < .05).

Rumination scheint bei der Entwicklung einer PTBS nach einem kardialen Ereignis von Bedeutung zu sein. Daher wäre zu überlegen, während der AHB Interventionen einzusetzen, die auf die Veränderung von Rumination abzielen.

Literatur:

Lueger, S., Lueger, T., Deeg, P. (2023). Zur Rolle von Rumination bei der Entstehung von Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung bei Herzpatienten. In Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), 32. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium Veränderungskultur fördern – Teilhabe stärken – Zukunft gestalten vom 20. bis 22. Februar 2023 in Hannover. DRV-Schriften, 128, S. 226-228. Berlin.

Lueger, S., Lueger, T., Deeg, P. (zur Veröffentlichung eingereicht). Zur Rolle von Rumination bei der Entstehung von Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung nach ICD-11 bei Herzpatienten. Psychosoziale und Medizinische Rehabilitation.